Im Jahr 2012 entschied ich mich einen mutigen Schritt zu wagen: Ich beschloss, mich voll und ganz meiner Leidenschaft für das Saxophon zu widmen und eine Karriere als professionelle Musikerin einzuschlagen. Zuvor war mein Lebensweg ein anderer gewesen. Ich hatte Kommunikationsdesign studiert und einige Jahre in der GIZ (Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit) gearbeitet, insbesondere in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit in verschiedenen Ländern Afrikas. Meine Erfahrungen in der GIZ waren bereichernd und herausfordernd zugleich, doch mein Herz schlug immer schon für die Musik.
Nach einem Consulting-Auftrag in Kamerun gründete ich mit mit meinem dortigen Musikerkollegen Silvain Paco Mbassi Noa das internationale Kunstprojekt „CamArtJam“. Diese kreative Plattform, die KünstlerInnen aus aller Welt zusammenbrachte, erarbeitete gemeinsame Stücke und tourte damit durchs Land Die Arbeit war inspirierend, aber auch herausfordernd: Die Bedingungen für selbstständige Künstler in Kamerun waren oft schwierig, die Gagen niedrig und die Bezahlung unzuverlässig. Trotzdem war die Begeisterung und Leidenschaft der lokalen Künstler umso intensiver, um sich für die Berufung einzusetzen. Diese Erfahrungen hinterließen bei mir einen bleibenden Eindruck und schürten meinen Wunsch, mehr Raum für die Musik in meinem Leben zu schaffen.
Eines Tages fragte mich ein Freund: „Warum machst du eigentlich nicht nur Musik, wenn dein Herz dafür brennt?“ Ich zögerte zunächst, sprach von Sicherheit, Altersvorsorge und dem gesellschaftlichen Druck, der mich davon abhielt. Doch seine nächste Frage war entscheidend: „Verdienst du mit der Musik nicht genug, um davon zu leben?“ Als ich dies bejahte, schaute er mich überrascht an und fragte: „Und warum machst du es dann nicht einfach?“ Diese Worte gaben mir den nötigen Anstoß, mein Leben zu überdenken und den mutigen Schritt in die Selbstständigkeit als Musikerin zu wagen.
Der Beginn der „Saxophonfrau
Der nächste Schritt war die Entwicklung meiner eigenen Marke. Gemeinsam mit meinen besten Freundinnen starteten wir ein Brainstorming und entwickelten den Namen „Saxophonfrau“. Dieser Name war mehr als nur eine Bezeichnung – er wurde zu einer Kunstfigur, einer Rolle, die ich auf der Bühne verkörpern würde. Wir überlegten uns verschiedene Kostümideen, wie zum Beispiel das Lichtkostüm der „Frau Luna“, und erarbeiteten, wie mein Auftritt als „Saxophonfrau“ aussehen könnte.
Danach folgte eine intensive Phase der Vorbereitung. Ich erstellte Fotomaterial, drehte Videos, schrieb Texte und baute meine erste Webseite auf, um mein neues Projekt im Internet sichtbar zu machen. Die ersten Monate waren geprägt von unermüdlichem „Klinkenputzen“: unzählige E-Mails, Telefonate und Marketingmaßnahmen, um Bekanntheit zu erlangen. Es war eine anstrengende Zeit, aber nach und nach nahm die Auftragslage zu, und ich gründete meine ersten Bandprojekte, von denen einige bis heute bestehen.
Der Weg zur erfolgreichen Musikerin
Nach zwei bis drei Jahren konnte ich schließlich gut von meinem Beruf als „Saxophonfrau“ leben. Ich lernte ständig dazu, baute mein Angebot aus, verbesserte mein Material und kaufte neue Technik. Die Zeit war zwar anstrengend und von Unsicherheiten geprägt, aber ich blicke heute mit etwas Stolz und ein bisschen Hochachtung auf diese Phase zurück. Ohne meinen Partner, der mich in dieser Zeit unterstützt hat, wäre dieser Weg sicherlich schwerer gewesen. Für eine erfolgreiche Selbstständigkeit braucht es ein ganzes System, das einen auffängt und stärkt.
Tipps für angehende Künstlerinnen und Künstler
Für alle, die Ähnliches vorhaben, habe ich einen wichtigen Tipp: Betrachte dich selbst als Kunstfigur von außen. Wenn du deine Außendarstellung so kreierst, als würdest du eine andere Person vermarkten, hilft das, den nötigen Abstand zu bewahren – besonders in der oft frustrierenden Anfangsphase. Sieh dich selbst als eine Art Agentur, die eine Künstlerin an Veranstalter verkauft. Diese Perspektive hilft auch bei der Gagenverhandlung und beim Selbstmarketing.
Die Gründung der „Saxophonfrau“ war für mich mehr als nur die Eröffnung eines neuen beruflichen Kapitels – es war die Erfindung einer neuen Identität, die mein Leben tiefgreifend verändert hat. Ich bin froh, dass ich diesen Weg gegangen bin und eine Kunstfigur geschaffen habe, die sich stetig weiterentwickelt und die mir von Anfang an sympathisch war.
Es war ein langer und oft steiniger Weg, aber heute kann ich sagen: Es hat sich gelohnt. Und ich bin gespannt, wohin mich die „Saxophonfrau“ noch führen wird.